Donnerstag, 31. März 2016

Mein erstes Essen in Tokyo ist.... Chinesisch?!


Aber noch mal ganz von vorne oder zumindest zu der Stelle, an der wir stehengeblieben sind:

Als ich am nächsten Morgen aufwache, bemerke ich, dass ich den gesamten Dienstag seit meiner Anreise fast durchgeschlafen habe. Ich hoffe mal nicht, dass ich mich hier in einen Siebenschläfer entwickeln werde und stehe endlich auf. 

 

Mein Ausblick aus meinem Zimmer, die Gegend ist zum Wohnen eigentlich ideal, ein relativ ruhiger Tokyoter Außenbezirk.


Hunger habe ich interessanterweise immer noch keinen, obwohl ich seit dem "Frühstück" im Flugzeug und einem Mitternachtssnack in Form eines importierten Schoko-Osterhasens, noch nichts gegessen habe. Ich gehe also in den Gemeinschaftsraum/Küche im 1. Stock und wen sehe ich da? 

Meinen Grazer Studienkollegen aus Kärnten! Der hatte nämlich weniger Glück als ich, denn der Manager hatte ihm zwar zugesichert, am Mittwoch (trotz seines freien Tages) im Wohnheim zu sein, jetzt ist er es aber doch nicht. Blöd gelaufen. Der Manager, der auf den untypischen japanischen Namen "Jimmy" hört, ist nämlich gar kein Japaner. Ich dachte ja zuerst, er würde für alle Austauschstudenten ein englisches Pseudonym verwenden, weil die vielleicht Schwierigkeiten hätten, sich seinen echten Namen zu merken. Aber nein, der Gute ist Koreaner und heißt wirklich "Jimmy", so steht es auch auf seiner offiziellen Visitenkarte. Da hat wohl nicht nur der deutschsprachige Raum einen Namensboom à la "Justin" oder "Jeremy" durchgemacht, sondern auch die Koreaner. 

 

Unter dieser Adresse habe ich sogar ein eigenes Postfach, meine Nummer lautet 324 (diese ist zugleich auch meine Zimmernummer). Bis jetzt hatte ich allerdings nur Werbung drinnen...

Zum Glück hat ihm Max, der andere Österreicher, der schon ein Semester in Tokyo hinter sich hat, angeboten, dass er seine Koffer in der Zwischenzeit in seinem Zimmer lagern kann, bis Jimmy am Nachmittag auftauchen würde. Um die frühe Mittagszeit beschlossen wir daher was Essen zu gehen und Max zeigte uns auch gleich unser kleines feines "Einkaufszentrum" in Nerima. Es gibt u.a. einen "SevenEleven", der Prinz Charming unter den Geschäften, denn er bietet dir alles was dein Herz auch nur begehrt:
Du kannst dort mit allen ausländischen Bankomatkarten Geld abheben, Essen einkaufen, deine japanische Krankenversicherung bezahlen, Pakete aufgeben und abholen und noch vieles mehr! 

"Lawson" hingegen ist klein aber oho:
Denn aufgepasst, dort kosten 90% der Artikel gerade mal 100Yen (was ungefähr einem 1€ entspricht). Gut, du bekommst auch keine großen Vorteilspackungen oder so, aber steigst noch immer günstiger als in regulären Geschäften aus und du bekommst nicht nur Lebensmittel dort, sondern auch Alltagsgegenstände, wie etwa Kleiderhaken, Kopfhörer, Putzmittel und und und... Wissen sollte man allerdings, dass im angeschriebenen Preis nie die MwSt. inbegriffen ist, welche 8% beträgt. Demnach kosten im sogenannten "100-YEN-SHOP" die Artikel eigentlich 108 und nicht 100Yen.



In den Großraumgebieten Japans stehen in jeder Seitengasse Getränkeautomaten mit teilweise lustigen (Super H2O) oder aber auch fragwürdigen Getränkenamen... hat jemand Lust auf "Pokari Schweiß"?! 

Nachdem Max sein weises Wissen über das günstige Shoppen in Nerima mit uns geteilt hatte, gingen wir endlich was Essen. Und ja, wie es der Titel schon vorweg genommen hat, es war chinesisch!! Aber es war günstig und asiatisch und man musste trotzdem mit Stäbchen essen, deshalb fand ich es eher amüsant, als traurig, dass mein erstes offizielles Mittagessen in Japan chinesischer Natur war. Ich hatte so einen Hunger, dass ich mich von diesem Gefühl einfach leiten ließ und ein "Set" aus zwei Gerichten bestellte:

6 Stück Gyoza (mit Gemüse gefüllte Teigtaschen + Sojasauce) und zuvor eine riesige Nudelsuppe mit Gemüse um 7€. Als ich die Portionsgröße sah, dachte ich für einen kurzen Moment, dass ich mich vielleicht selbst übernommen und nicht gut daran getan hätte auf meinen Magen zu hören, aber falsch gedacht. Mein Magen ist anscheinend schon gut von mir vorbereitet worden und ich schaffte die gesamte Portion. Was wirklich toll in japanischen Restaurant (egal ob sie jetzt chinesisches, ausländisches oder gar japanisches Essen servieren) ist, die Tatsache, dass man überall kostenlos (stilles) Mineralwasser mit Eiswürfeln in einem Krug erhält und somit eigentlich nichts mehr zu trinken bestellen muss. Das Leitungswasser in Japan ist zwar trinkbar schmeckt aber nach Chlor und ist daher nur semi-empfehlenswert. 

Nach dem Mittagessen machten wir noch einen kleinen Verdauungsspaziergang, kauften für den morgigen Tag ein und erkundeten ein bisschen die Gegend. Im Wohnheim angekommen, redeten wir noch mit ein paar Leuten im Gemeinschaftsraum, holten uns Tipps und somit war dieser zweite Tag in Tokyo auch schon wieder vorbei.



Die ersten Kirschblüten blühen auch schon! 


Die Parkregeln sind wirklich sehr niedlich dargestellt und auch für nicht Japaner total veständlich, denn ja liebe Kinder:

1. und 2. Blumen und Dosen haben Augen und mögen es gar nicht wenn man sie ausreißt oder nach ihnen tritt. 
3. Japanische Kinder laufen generell immer mit einem Golfschläger durch die Gegend, also seid auf der Hut. 
4. Fast jeder zweite Hund hört hier auf den klingenden Namen "NO!", Japaner und ihr Faible für die englische Sprache. 
Und last but not least: 
5. Mit Feuerwerk spielen macht tierischen Spaß, seht nur wie der kleine Junge im Hintergrund seine Hände vor lauter Begeisterung in die Höhe streckt.

Mittwoch, 30. März 2016

Blut und Schweiß, ist das der Preis?


Wenn man es logisch betrachtet, braucht es für ein Happy End ein Bad Beginning, oder?
So war es auch in meinem Fall, gut ganz so schlimm war es dann wohl auch nicht, aber ein guter Start sieht glaube ich auch anders aus...

Viele hatten mich vor dem 12-stündigen Flug von Wien nach Tokio gewarnt. Es würde durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der blanke Horror werden. Entweder ist mein Sitzfleisch durch das ständige Sitzen auf der Uni geeicht oder ich habe es der zahlreichen Menge dessen zu verdanken, dass mir dies erspart blieb. Der Flieger war rappel voll, neben mir saß ein ungefähr gleichaltriges Pärchen, das einen 2-wöchigen Urlaub in Tokyo plante. Wir alle drei saßen genau bei den Tragflächen.
















Ich versüßte mir meine Flugzeit mit zwei Filmen: "Der Marsianer" und "Ocean´s Eleven". In beiden Filmen spielte Matt Damon mit... ob das nun Zufall war?

Zu Essen gab es reichlich: Mein vegetarisch-asiatisches Mittagsmenü, das wir nach dem Start serviert bekamen bestand aus Curryreis, Pilzsoße und Tofu mit Erbsen (total indisch und total gut!), kl. Salat, Gebäck und Früchte. Außerdem gabs noch Soletti in Flugzeugform, Kekse und dann auch noch Frühstück... obwohl das war auch schon wieder fast ein halbes Mittagessen, bestehend aus gebackenem Karfiol und Curry-Kartoffeln und dazu wieder ein bisschen Obst (sehr komisch, was die Inder da zum Frühstück essen ;)



Pünktlich um 7:25 Uhr japanischer Zeit landeten wir am Flughafen Narita. Dort durfte ich mich dann in der Einreiseschlange, bestehend aus lauter Ausländern, einreihen. Als ich nach geraumer Zeit endlich an der Reihe war, wurde ich nach dem Begutachten meiner Papiere plötzlich von einem weiteren Beamten gebeten ihm zu folgen. Dieser wies mir dann den Weg zu einer weiteren noch längeren Menschenschlange... Wieso und warum man mir am ersten Schalter nicht helfen konnte, wurde mir aber nicht erklärt. Als ich dann nach nochmaligem Warten an der zweiten Schlange endlich drankam, hatte ich fast ein Déjà-vu! Der Beamte sah sich meine Papiere gleich wie der vorherige an und versuchte danach sogleich mit einem seiner Kollegen Kontakt aufzunehmen, aber niemand erwiderte seine hilfesuchenden Blicke. Danach fügte er sich anscheinend aber seinem Schicksal und begann mir meinen japanischen Ausweis auszustellen. Was nun genau das Problem war, werde ich wohl nie erfahren...

Nach dieser Aktion durfte ich nun endlich japanischen Boden außerhalb des Flughafens betreten und machte mich sogleich auf dem Weg zu meinem Bus, der mich in die Innenstadt Tokyos nach Ikebukuro bringen sollte. Um Haaresbreite verpasste ich diesen (mein Glück Grazer BIMs zu erwischen lässt grüßen) deshalb durfte ich noch einmal eine gute halbe Stunde auf den nächsten warten. Da ich aber noch vor 12 Uhr am Wohnheim in Nerima ankommen sollte, um den Manager zu erreichen, der ansonsten am Nachmittag eigentlich frei hatte (immer dienstagsnachmittag und den ganzen Mittwoch) war dies nicht der Idealfall, den ich mir erhofft hatte. Zum Glück hatte ich am Flughafen gratis WiFi und konnte dem Manager eine Mail schreiben, aber noch bevor ich eine Antwort erhalten hatte, war der Bus auch schon da.

In Ikeburkuo begann dann mein persönlicher Höllenritt... zuvor fand ich durch reine weibliche Intuition, würde ich zumindest sagen, die richtige U-Bahnstation, denn die Orientierung zu behalten zählt nicht gerade zu meinen Stärken. Der Weg dorthin gestaltete sich mit zwei großen Gepäckstücken, mit gut 30 kg, nicht gerade leicht und als ich an der Metro-Station Ikebukuro ankam, musste ich entsetzt festellen, dass Rolltreppen in Tokyoter U-Bahnen anscheindend Mangelerscheinungen bzw. nur bei gewissen Linien vorhanden sind. (Außerdem gibt es zusätzlich immer mal wieder Rillen im Untergrund, die das flüssige ziehen von schweren Koffern fast unmöglich macht.) Also hieß es Koffer die Treppen runter- bzw. raufschleppen (noch heute habe ich Spatzen davon). Eine Japanerin hinter mir fragte mich plötzlich, ob es mir wohl gut ginge und sie mir helfen könne, aber als ich ihre zierliche Statur sah, wollte ich nicht für ihren frühen Tod verantwortlich sein und lehnte ihr Hilfe ab.

Ich konnte die Schlagzeile innerlich schon vor mir sehen:

"Hilfsbereite Japanerin vom Koffer einer rüden Gaijin (Ausländerin) erschlagen."

Selbst wie die Frau ist, verzichtete ich also auf ihr, wohl nicht ganz ernst, sondern nur höfflich gemeintes, Angebot und verletzte mir promt meinen Daumennagel, indem ich ihn mir bei einer weiteren Koffer-Hochhebe-Aktion schön umbog, was dann auch toll zu bluten anfing. Natürlich befanden sich meine, extra für so einen Fall gekauften, Pflaster gaaanz unten in meinem großen Koffer. Nachdem ich im wahrsten Sinne des Wortes also Blut geleckt hatte, ging meine Reise durch die endlosen weiten des Tokyoter Metro-Netzes weiter.



Obwohl ich mir zur Sicherheit schon Zuhause einen U-Bahnplan ausgedruckt hatte, um genau solche Situationen zu vermeiden, musste ich mich nach einem ratlosen Blick auf den Metro-Plan geschlagen geben und frage mich durch... was zur Folge hatte, dass ich nur noch verwirrter wurde.
Denn man muss wissen, dass man den Japanern nicht komplett vertrauen darf, da sie dir lieber eine falsche Richtung nennen, als dir gar keine Antwort zu geben. Außerdem gab es anscheinend mehrere Wege um zu meiner Haltestelle zu gelangen, welche auch noch von verschiedenen privaten Linien-Anbietern unterbrochen wurde, weshalb man noch ohne Train-Pass, einzelne Tickets kaufen musste.
Ich würde daher niemandem raten unterzuckert und mit viel Gepäck in die U-Bahn in Tokyo zu steigen... und dabei hatte ich noch Glück, zu den beiden Rush-Hour-Zeiten in der Früh und am Abend wäre ich wohl gar nicht vorangekommen.

Als mein Ticket nach einem erneut gescheiterten Versuch die richtige Linie zu finden auf 0Yen stand und ich es wieder mit Geld aufladen wollte, kam mir meine erste unfreundliche Japanerin dazwischen. Diese saß auch noch in der Touristeninformation!
Ich wollte sie eigentlich nur fragen, wie ich denn nun aus der einen U-Bahnstation zu einer anderen privaten Linie komme, da sich der Schranken eben nicht öffnen wollte, weil kein Geld mehr auf dem Ticket vorhanden war.Anstatt mir zu sagen was ich nun zu tun hätte, sah mich die Dame hinter dem Schalter genervt an, gab mir meine 240Yen für das Ticket zurück und öffnete für mich die Schranke... Ich wette ich war nicht ihre erste Ausländerin mit diesem Problem. Im Nachhinein bin ich so wohl recht günstig ausgestiegen, wer weiß wieviele Stationen ich sonst hätte extra nachzahlen müssen. Dennoch hätte ich diese natürlich bezahlt, weshalb ich die komische Reaktion der Dame nicht so ganz nachvollziehen kann, da ich sie doch nur um Hilfe und nicht um Kostenrückerstattung gebeten hatte.

Verschwitzt und genervt von der Reaktion der Japanerin, machte ich mich also endlich auf den Weg zu meiner richtigen U-Bahnlinie, obwohl ich die Hoffnung schon aufgegeben hatte, den Manager bei meiner Ankunft im Wohnheim noch anzutreffen, da es schon nach 12 Uhr war. Weil ich aus den Fahrtzeiten der neuen Linie nicht schlau wurde, erkundigte ich mich erneut bei einer Touristeninformation und erlebte diesmal das genaue Gegenteil zur vorherigen Situation: 
Die junge Japanerin am Schalter sah für mich extra die Fahrzeiten nach, begleitete mich sogar zum Ticketschalter und zeigte mir wie ich die Kosten für das Ticket genau berechne. Eine gute Viertelstunde später stand ich vor meinem Wohnheim und war erleichtert doch noch den Manager anzutreffen und mein Zimmer zugeteilt zu bekommen!



Wie gut, dass ich mich dazu entschieden habe, das rote AUA-Kissen vom Flug mitzunehmen. Das japanische ist nämlich mit Reis gefüllt und nicht so weich ;)